Donnerstag, 30. April 2015

Das Schweigen der Eliten



Dunkle Wolken ziehen über dem Bundestag auf – Skandale und
Falschaussagen bestimmen zurzeit den politischen Betrieb
Was kann man der Bundesregierung noch glauben? Schaut man sich die jüngsten Ereignisse an, eigentlich nicht mehr viel.

Ein „Präzisionsproblem“ hatte es Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen genannt. Das G36, die Standardwaffe der Bundeswehr, trifft nicht mehr. Schießt man zu oft hintereinander oder ist die Waffe der Sonne ausgesetzt, gehen die Schüsse am Ziel vorbei. Inzwischen hat von der Leyen zugegeben, dass das G36 nicht mehr zu gebrauchen ist. Der Fehler ist nach den Untersuchungen der WTD91, der technischen Prüfstelle für Waffen und Munition, bereits seit 2011 bekannt. Trotzdem bestellte Ursula von der Leyen erst im Mai 2014 noch knapp 4000 weitere G36. Die Bundeswehr hat jetzt Marinehubschrauber, die nicht mehr übers Meer fliegen dürfen, weil die salzige Meeresluft sie sonst zum Rosten bringt, Kampf- und Transportflugzeuge, die nirgendwohin fliegen können und ein Gewehr, das nicht richtig schießen kann.

Der eigentliche Skandal ist allerdings das Verhalten der verantwortlichen Politiker im Verteidigungsministerium. Die Probleme sind lange bekannt, aber statt Konsequenzen zu ziehen, werden die Dinge über Jahre beschönigt oder verschwiegen. Die Geheimhaltung ist wichtiger als der Schutz der eigenen Streitkräfte. Das Verteidigungsministerium geht leichtfertig mit dem Leben deutscher Soldaten um, damit der eigene Ruf nicht beschädigt wird.

Ausreden und Lügen lassen sich auch in den höchsten Kreisen deutscher Politik finden. Wie kürzlich aufgedeckt worden ist, half der Bundesnachrichtendienst den USA bei der Wirtschaftsspionage europäischer Unternehmen. Das Kanzleramt wusste davon, blieb regungslos, und streitet dies auch noch ab. "Nein. Es liegen weiterhin keine Erkenntnisse zu angeblicher Wirtschaftsspionage durch die NSA oder anderen US-Diensten in anderen Staaten vor", behauptete Innenminister Thomas de Maizière noch vor zwei Wochen gegenüber dem Bundestag. Mittlerweile hat die Bundesregierung bestätigt, dass der Bundesnachrichtendienst das Kanzleramt bereits 2008 über die Wirtschaftsspionage der Amerikaner informiert hatte.

Und jetzt auch noch das: Der Bundesnachrichtendienst soll dem amerikanischen Geheimdienst NSA jahrelang geholfen haben die französische Regierung und EU-Politiker in Brüssel auszuspähen. Und zwar mit Hilfe der Abhöranlagen des BND im bayrischen Bad Aibling. Die Bundesregierung hängt in dieser ganzen Ausspäh-Geschichte viel tiefer drin als sie es zugeben möchte. „Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht“, hatte Angela Merkel mal gesagt. Peinlich so etwas.

Hatte die Bundeskanzlerin im Wahlkampf 2013 gegenüber Peer Steinbrück nicht auch erwähnt, mit ihr würde es keine PKW-Maut geben? Auch gelogen!

Die PKW-Maut ist beschlossen. Ab 2016 sollen Ausländer zur Kasse gebeten werden, wenn sie mit dem Auto durch Deutschland fahren. Deutsche Autofahrer müssen nichts zahlen. Die KFZ-Steuer wird um den gleichen Betrag wie die Maut gesenkt. Die Einnahmen der „Ausländermaut“ fließen in den Straßen- und Brückenbau.

Selbst wenn die von Verkehrsminister Alexander Dobrindt vorhergesagten Einnahmen über 500 Millionen Euro pro Jahr korrekt sein sollten, und nicht wie von vielen Seiten behauptet wird viel zu hoch angesetzt sind, reicht das trotzdem hinten und vorne nicht. Alleine das Straßennetz zu erhalten, kostet über 7 Milliarden Euro – nur für den Erhalt!


Doch daraus wird vermutlich sowieso nichts. Der Europäische Gerichtshof wird die Ausländermaut abweisen. Grund: Benachteiligung – das verstößt gegen den Grundsatz nach dem alle EU-Bürger gleich behandelt werden sollen. Doch das würde der Bundesregierung sogar entgegenkommen. Dann würden am Ende alle zahlen – auch der deutsche Staatsbürger. Die Bundesregierung könnte sich schön aus der Verantwortung ziehen. Der Gerichtshof hat es ja so entschieden. Kann man leider nichts machen. Und die politischen Eliten hätten die Bevölkerung wieder geschickt an der Nase herumgeführt.



Bild: By Andy Ducker [CC BY-NC 2.0], via Flickr