Montag, 20. Oktober 2014

Soja - Fluch und Segen zugleich


Soja statt Regenwald
Soja- Schnitzel, Soja- Würstchen, Soja- Margarine. Soja hier, Soja da. Das Allheilmittel für all diejenigen, die keine tierischen Nahrungsmittel zu sich nehmen und denken sie schützen damit den Planeten. Das tun sie auch, jedoch ist das nur die eine Seite der Medaille. So viele Vegetarier und Veganer gibt es gar nicht wie Soja produziert wird. Gerade mal 1% wird für Soja- Lebensmittel verwendet. Der große Rest ist für die Viehzucht. Futtermittel statt Nahrungsmittel.

In Deutschland geht der Fleischkonsum langsam zurück. Gründe dafür sind unter anderem Gammelfleisch- Skandale, Pferde- Lasagne oder Antibiotika- Hühner. Auch ein veränderter Lebensstil trägt seinen Teil dazu bei: lieber weniger Fleisch, dafür qualitativ hochwertiger. Doch die weltweite Fleischnachfrage steigt. 80 % des Wachstums im Fleischsektor wird in den nächsten Jahren auf asiatische Länder fallen. Allen voran die Volksrepublik China. Die neuentstandene Mittelschicht hat Geld und großen Hunger. China fährt nicht nur mehr Auto, sondern isst auch mehr Fleisch. Die Volkskrankheiten der Industrienationen wie Krebs und Herz-Kreislauferkrankungen kommen jetzt auch auf China zu.

Wer 53 Tonnen Schweinefleisch im Jahr produziert braucht dementsprechend auch viel Nahrung für die Schweine. Doch woher mit dem ganzen Soja für die Schweine? China selbst kann nicht so viel Soja anbauen wie es gerne hätte. Ein Blick über den großen Teich verrät, warum der Warenaustausch zwischen China und Südamerika in den letzten 10 Jahren von 3 Milliarden auf 80 Milliarden Dollar gestiegen ist. China tätigt hohe Investitionen nach Südamerika, denn Brasilien ist mittlerweile zu den größten Sojaexporteuren neben den USA aufgestiegen und damit für die Chinesen eine bedeutende Alternative geworden.

Das war allerdings nicht immer so. Jahrzehnte lang hatten die USA ein Monopol auf die Sojabohnenproduktion. 1973, als in den USA aufgrund von Dürren die Sojaernte gering ausfiel, veranlasste US- Präsident Nixon ein Sojaexportverbot, um die eigene Viehfutterversorgung aufrecht zu halten. Infolge des geringen Angebots auf dem Weltmarkt explodierten die Preise, ganz zum Leidwesen der von den US- Sojaimporten abhängigen Staaten, deren Viehzucht in Gefahr war. Zunehmend wurde auf billige Sojabohnen aus Brasilien zurückgegriffen, das nun begann seine Sojaproduktionsüberschüsse zu exportieren. Wurden 1973 in Brasilien noch 5 Millionen Tonnen Soja produziert, so waren es 2013 bereits 82 Millionen Tonnen.


Laut Welthunger- Index 2014 liegt der Anteil unterernährter Menschen in Brasilien bei 6,9%. Das entspricht bei derzeitig 203 Millionen Einwohner einer Anzahl von ca. 14 Millionen Brasilianern die nicht genügend zum Essen haben, obwohl das Land Tonnen von Soja im fast dreistelligen Millionen Bereich produziert.

Auch der Regenwald in Brasilien hat unter dem Soja- Boom zu leiden. Um das Soja von Produktionsstäte A zur Verladestation B zu bringen, müssen riesige Strecken zurückgelegt werden. Der schnellste Weg geht mitten durch den Regenwald. Die BR 163, auch Soy Road (Soja Straße) genannt, gräbt sich 1600 km von Santarém im Norden Brasiliens, quer durch den Regenwald, nach Mato Grosso, dem Bundesstaat, in dem alleine 25 Tonnen Soja jährlich produziert werden. Für den Anbau der Sojabohnen werden jährlich hunderte von Quadratkilometern Wald gerodet. 33% der Waldrodung Brasiliens zwischen 2013 und 2014 fällt alleine auf die Region Mato Grosso. Der Regenwald muss der Sojabohne weichen. Monokultur statt Artenvielfalt.


In Zeiten des Klimawandels den Regenwald zu roden ist mit Sicherheit nicht der richtige Weg. Die grüne Lunge der Erde erstickt im Rauch der Bulldozer. Doch bevor man jetzt die Soja- Esser verteufelt, dem sei gesagt, dass Fleischesser dem Klima immer noch mehr schaden. Aus einem 1 Kilo Sojabohnen lassen sich knapp 2 Kilo Tofu herstellen. Dagegen braucht man bereits für 1 Kilo Schweinefleisch 10 Kilo Sojabohnen. Letzten Endes liegen Klimaschutz und Konsumverhalten in der Hand des Verbrauchers. Und auch wenn in Deutschland oder in Europa insgesamt weniger Fleisch gegessen wird, die Chinesen haben Hunger auf Fleisch und in der Profitwirtschaft gilt: Soja über Regenwald.





Bild: By Lou Gold [CC BY-NC-SA 2.0], via Flickr

Grafik: Erstellt mit Hilfe der Datenbank der FAOSTAT

Montag, 6. Oktober 2014

Anekdote der Woche


Zusammen durch dick und dünn
Vergangenen Donnerstag lief in der ARD ein Film über Ex- Bundeskanzler Gerhard Schröder. Richtig informativ war dieser nicht. Ich hatte mir erhofft, dass Reinhold Beckmann etwas über Schröders fragwürdige Beziehungen zu Russland und Wladimir Putin aus ihm heraus kitzeln könnte. Herr Schröder blieb bei diesem Thema stumm. Seine dubiosen Geschäfte mit Russland sind zwar offensichtlich, so wirklich darüber reden möchte der Bundeskanzler a.D. aber doch nicht.

Schröder machte sich in seiner Amtszeit für die Energiekooperation mit Russland stark und fesselte Deutschland für Jahrzehnte an Russlands Gasexporten. In Zeiten der Energiewende noch einmal mehr. 2005 gründete Schröder zusammen mit Russlands Präsident Putin das Gemeinschaftsunternehmen Nord Stream AG, welches den Bau der Ostseepipeline möglich machte. Durch die Pipeline kann der russische Energiekonzern Gazprom ohne Umwege über Drittländer Gas von Russland nach Deutschland liefern. Herr Schröder ist heute Aufsichtsratsvorsitzender der Nord Stream AG. Gazprom hält 51% der Anteile an der Firma. Das kann kein Zufall sein.

Anscheinend fühlen sich SPD- Genossen allgemein sehr wohl bei russischen Unternehmen. Henning Voscherau, ehemals Bürgermeister von Hamburg und SPD- Mitglied, ist seit 2012 Vorsitzender des Unternehmens South Stream, das eine Pipeline von Russland nach Italien durch das Schwarze Meer baut. Größter Anteilseigner ist natürlich Gazprom. Der Bruder von Henning Voscherau, Eggert Voscherau, sitzt im Aufsichtsrat des Chemieriesen BASF. Über die Tochtergesellschaft Wintershall ist BASF wiederum an South Stream beteiligt. Vetternwirtschaft auf höchstem Niveau.

Ein weiterer Lobby-Kandidat ist Wolfgang Clement. Das ehemalige SPD- Mitglied war im Kabinett Schröders als Wirtschaftsminister tätig. Kurz bevor er sein Amt ablegen musste, bewilligte er eine Bürgschaft für einen Kredit über eine Milliarde Euro an Gazprom. Im Anschluss an seine Politiker- Karriere nahm er einen Job bei dem russischen Energieberatungsunternehmen „Energy Consulting“ an, die, man mag es kaum glauben, auch Gazprom als Kunden hat.

Am vergangenen Mittwoch sagte Gerhard Schröder auf dem Russlandtag in Rostock, dass er die Sanktionen des Westens für falsch halte, und die Sanktionen beiden Seiten immens schaden würden. Auch Gazprom ist von den EU- Sanktionen betroffen. Das Gazprom- Gas fließt dennoch weiter durch Schröders Ostsee- Pipeline.


Nach Angaben des STERN stehen mittlerweile über 120 Personen auf der Sanktionsliste des Westens.   In Russland gehört es fast zum guten Ton auf der Liste zu stehen, sonst sei man keine wichtige Person. Herr Schröders Kritik am Westen könnte an seiner schlechten Laune liegen, da er nicht zum elitären Bekanntenkreis der Sanktionsliste gehört. Ein potentieller Anwärter wäre er allemal.




Bild: By TOM Beam [CC BY 2.0], via Flickr