Mittwoch, 31. Dezember 2014

Andauernde Konflikte 2015



Das Jahr 2014 war ein turbulentes und konfliktreiches Jahr. Das kommende Jahr wird voraussichtlich keine Verbesserung bringen. Eine Auswahl an Konflikten, die die Weltpolitik nächstes Jahr wieder beeinflussen werden.


Russland und NATO 

Putin gegen den Rest der Welt
Der Westen hofft, dass Putin zum Umdenken bewegt werden kann. Die Sanktionen des Westens und der weltweit fallende Ölpreis machen der russischen Wirtschaft zu schaffen. Die Aufhebung der Sanktionen hätte Putin selbst in der Hand, wenn er seine Soldaten aus der Ostukraine abziehen würde. Der russische Außenminister Sergei Lawrow äußerte sich am Montag gegenüber der russischen Nachrichtenagentur Interfax über eine mögliche Beendigung des Ukraine-Konflikts im kommenden Jahr. Dazu müsse der Westen allerdings von seiner Geopolitik in Osteuropa ablassen. Die Aufnahme der ehemaligen Ostblock-Staaten in die NATO destabilisiere die gesamte Region, sagte Lawrow. In der am Freitag neu veröffentlichten russischen Militärdoktrin werden die NATO und die USA mittlerweile als ausländische Bedrohung gelistet. Auch die NATO reagiert misstrauisch auf die jüngsten Raketentests Russlands mit Nuklearsprengköpfen, und den verstärkten Militäraufkommen im Atlantik, im Schwarzen Meer und in der Nord-und Ostsee. Trotz des, in Friedensgesprächen vereinbarten, Gefangenenaustauschs zwischen der Ukraine und Russland bleibt die Lage weiter angespannt. Beide Seiten werfen sich mangelnde Kompromissbereitschaft und Verstöße gegen die Waffenruhe vor. Eine Fortsetzung der Friedensgespräche vom 25. Dezember in der weißrussischen Hauptstadt Minsk steht noch aus.

Naher Osten

Israels Premier Benjamin Netanjahu erhält
Gegenwind von ehemaligen Mitstreitern
Frieden in Sicht? Je nachdem, ob Premier Netanjahu wiedergewählt wird und wie radikal das israelische Volk wählt. Die vorgezogenen Parlamentswahlen in Israel am 17. März 2015 könnten eine Wende bringen. Ein Mitte-Links Block unter Tzipi Livnis Bewegungs-Partei und Isaac Herzogs Arbeiter-Partei stellt sich Netanjahus rechtem Block aus Ultra-Rechten und Ultra-Orthodoxen. Die ihres Amtes enthobene ehemalige Justizministerin Livni und der Parteivorsitzende der Arbeiterpartei Awoda Herzog haben gute Chancen die Wahl zu gewinnen.

Tzipi Livni und Mahmoud Abbas:
Beide sind für eine Zwei-Staaten-Lösung
Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas äußerte sich während seines Algerien-Besuchs vergangene Woche sehr kritisch gegenüber Israel. Abbas will jede Zusammenarbeit mit Israels Regierung abbrechen, wenn der UN-Sicherheitsrat keine Resolution für eine Beendigung der israelischen Besatzung im Gaza-Streifen und im Westjordanland verabschiedet. Bis heute sind die Palästinensischen Autonomiegebiete geteilt. In den letzten Jahren kamen sich die im Gaza-Streifen regierende Hamas und die im Westjordanland regierende Fatah wieder näher. Beide Parteien versuchten den internen Konflikt beiseite zu legen und eine Einheitsregierung zu bilden. Anfang 2014 schlossen Hamas und Fatah einen Versöhnungspakt, der die Weichen für eine gemeinsame Regierung stellen sollte. Israel kritisierte die Beschlüsse der gemäßigten Fatah, mit radikalen Hamas-Terroristen eine gemeinsame Regierung bilden zu wollen. Der aufkommende Konflikt endete diesen Sommer in der Militäroperation „Protective Edge“ und der Bombardierung des Gaza-Streifens. Die Verhandlungen der palästinensischen Parteien zur Bildung einer Einheitsregierung wurden bis auf weiteres eingestellt und es wurde eine unbefristete Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas festgelegt. Im Heiligen Land herrscht im Friedensprozess Eiszeit. Vielleicht ändert sich das mit einer Mitte-Links geführten israelischen Regierung.

Indien und Pakistan
Gebietsansprüche in der Region Kaschmir
Pakistan kämpft seit dem Anschlag auf eine Militärschule mit 200 Toten vor zwei Wochen weiterhin gegen Islamisten aus dem Grenzgebiet zu Afghanistan. Auch das Verhältnis zum großen Nachbarn Indien bleibt angespannt. Seit dem Abzug der Briten aus Indien und Pakistan und dem darauffolgenden Streit um die Zugehörigkeit der Region Kaschmir, kommt es regelmäßig zu Grenzgefechten mit Toten. Beide Länder gehören zu den größten Waffenabnehmern 2014 und besitzen Atomwaffen. Ein Kalter Krieg im Kleinformat.
   


Ostasien

Chinas Staatspräsident Xi Jinping (l.) und
Shinzo Abe (r.), Premierminister von Japan
Japan und China kommen sich schrittweise näher. Ein Handschlag der beiden Staatschefs beim APEC-Gipfel in Peking im November diesen Jahres war eine Geste mit hoher Aussagekraft, ähnlich wie der Handschlag 2013 der beiden Staatchefs Obama (USA) und Castro (Kuba). Das Verhältnis zwischen China und Japan hat in den letzten Jahren gelitten. Insbesondere Japans kürzlich wiedergewählter Ministerpräsident Shinzo Abe ist den Chinesen ein Dorn im Auge. Abes Amtszeit ist vor allem durch verstärkte nationalistische Kräfte und eine verstärkte Sicherheitspolitik geprägt. Doch auch China ist stark am Aufrüsten. Laut dem Friedensforschungsinstitut SIPRI hat China mittlerweile Frankreich von Platz 4 der größten Waffenexporteure verdrängt und liegt jetzt knapp hinter Deutschland. In Militärausgaben sind sie mit geschätzten 200 Milliarden Dollar bereits auf Platz 2 hinter den USA. Ein Konfliktpunkt zwischen China und Japan ist weiterhin der Streit um die Senkaku-Inseln im Ostchinesischen Meer. Seit den 1970er Jahren steht diese unbewohnte Inselgruppe unter der Verwaltung Japans. China erhebt ebenfalls Anspruch auf die kleinen Inseln 330 km vor seiner Küste. Schiffe beider Seiten überwachen sich
Streit zwischen China und Japan
um die Senkaku-Inseln
gegenseitig rund um die Inseln und Militärflugzeuge durchfliegen regelmäßig den Luftraum der anderen Seite. Es besteht die Gefahr, dass durch solche Provokationen die Situation eskalieren könnte. Auch wenn der Konflikt sich vordergründig um Fischbestände und angebliche Bodenschätze dreht, so wird der Streit um die Inseln durch einen gesteigerten Nationalismus vorangetrieben und besitzt wohl eher symbolischen Charakter.










1. Bild: By World Economic Forum [CC BY-NC-SA 2.0], via Flickr
2. Bild: By IsraelinUSA [CC BY 2.0], via Flickr
3. Bild: By Tzipi Livni [CC BY-NC-SA 2.0], via Flickr
4. Bild: By Stowe Boyd [CC BY-NC 2.0], via Flickr
5. Bild: By Day Donaldson [CC BY 2.0], via Flickr
6. Bild: By Wikimedia Commons [CC BY-SA 3.0]

Dienstag, 16. Dezember 2014

Der wöchentliche Spaziergang mit der Pegida



Massenphänomen Pegida – Plattform der Rechten?
Die Bewegung „Patriotische Europäer Gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) und ihre Ebenbilder (Dügida, Ogida, Bogida, etc.) fürchten den Islam und die Überfremdung Deutschlands. Jede Woche gehen sie bei ihren „Abendspaziergängen“ auf die Straßen und protestieren gegen die vermeintliche Islamisierung Deutschlands. Die bürgerliche Mitte und die Rechten geben sich hier jeden Montagabend die Klinke in die Hand. Rechtspopulismus wird in Deutschland weiter salonfähiger. Doch wer hat den Stein ins Rollen gebracht?

Nicht ganz unschuldig ist manche regierende deutsche Partei, die mit ihren Aussagen gerne einmal über das Ziel hinaus schießt. Ein Beispiel sind die rechtspopulistischen Äußerungen der CSU, wenn ihr mal wieder politisch nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die Wahlsprüche wie „Wer betrügt der fliegt“, der Missbrauch von Sozialleistungen anprangert, oder die neuste Aufforderung, Ausländer sollen zuhause Deutsch reden, provozieren und schüren Ängste.

Panikmache und Rechtspopulismus könnten auch das Motto der Partei Alternative für Deutschland (AFD) sein. Mit Sprüchen wie „Wir sind nicht das Weltsozialamt“ oder Die Indianer konnten die Einwanderung nicht stoppen. Jetzt leben sie in Reservaten“ klaut die AFD nicht nur der NPD ihre Ideen, sondern wirbt ihnen auch gleich die Wähler ab. AFD-Parteivorsitzender Bernd Lucke kritisiert, dass die Medien mit ihren Fragestellungen und Aussagen seine Partei absichtlich in die rechte Ecke drücken wollen. Objektiv betrachtet muss man ihm zu einem gewissen Teil sogar zustimmen. Die Fragen der Medienvertreter sind manchmal weder unvoreingenommen noch wertfrei. Andererseits sind die Fragen auch berechtigt, da sich Bernhard Lucke und der Rest seiner AFD nicht wirklich vom rechten Spektrum distanzieren. Mit ihrer Meinung, dass es sich bei den rechtsextremen Mitgliedern bloß um Einzelfälle handle und man nicht jedes Mitglied auf seine Vergangenheit kontrollieren könnte, macht es sich die AFD zu einfach. Die Menschen mit rechten Gedankengut würden schließlich nicht zur AFD kommen, wenn diese ihnen dafür keine Plattform bieten würde.

Ängste und Missverständnisse schürt auch die Pegida-Bewegung in Dresden. Die AFD befürwortet Pegida und benutzt sie als Trittbrett, um von den rechten Strömungen zu profitieren. Mitglieder der AFD sind bei den Protestmärschen regelmäßig anzutreffen – Wahlkampf beim Abendspaziergang. Wie die AFD äußert auch Pegida verschiedene Ansichten, die einen rechtspopulistischen Schleier tragen und hinterfragt werden müssen.

Die von der Pegida vertretene These, dass durch die Einwanderung die deutschen Staatkassen geplündert werden würden, ist unbegründet und schlichte Panikmache. Deutschland profitiert sogar von der Einwanderung. Die Studie „Der Beitrag von Ausländern und künftiger Zuwanderung zum deutschen Staatshaushalt“ von der Bertelsmann-Stiftung kommt zu dem Ergebnis, dass die circa 6 Millionen Menschen ohne deutschen Pass dem deutschen Haushalt einen Überschuss von 22 Milliarden Euro bringen. Ausländer zahlen nämlich mehr Steuern und Sozialabgaben, als sie an staatlichen Leistungen erhalten. 

"Pegida ist für eine Null-Toleranz-Politik gegenüber straffällig gewordenen Asylbewerbern und Migranten", heißt es unter Punkt 9 auf dem Pegida-Positionspapier, dass vor 6 Tagen veröffentlicht worden ist. Mitverfasser des Papiers ist Gründer und Aushängeschild der Pegida Lutz Bachmann, der selbst wegen Einbruchs und Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz bereits vorbestraft ist und nach Südafrika flüchten musste, um einer Haftstrafe zu entgehen. Auf seiner eigenen Facebook-Seite spielt er jetzt das geläuterte Lamm und bezeichnet die Medien als „Denunzianten und Diffamierer“. Als vorbestrafter Flüchtling, der wieder nach Deutschland einwanderte, müsste er eigentlich gegen sich selbst protestieren.

Pegida behauptet regelmäßig mit Nazis oder rechtem Gedankengut nichts zu tun zu haben, obwohl Mitglieder der NPD und der Partei Die Rechte der Bewegung angehören und bei den Protestmärschen mitlaufen. Auch Lutz Bachmanns öffentliches wie privates Auftreten ist in dieser Hinsicht mehr als fragwürdig. Wer T-Shirts mit der Aufschrift „Einigkeit, Recht und Freiheit“ in den deutschen Reichsfarben trägt oder bei Facebook-Bildern von Reichsflaggen auf „gefällt mir“ drückt, braucht sich nicht wundern, wenn man ihn in die rechte Schublade steckt.

Wie Bachmann auf seiner Facebook-Seite anmerkt, ist es egal, ob er dabei ist oder nicht – „an den Fakten und Zielen von PEGIDA ändert das nichts“. Die Zahl der Pegida-Anhänger bei den Montagdemos wächst von Woche zu Woche. Bei der gestrigen Demonstration waren es bereits 15 000 Personen; 5000 Personen mehr als letzte Woche. Die Bürger haben das gute Recht zu demonstrieren und ihr Anliegen öffentlich zu machen. Es stellt sich allerdings die Frage, wie viele der selbsternannten Patrioten hier wirklich ihre Ängste anklagen oder ob nicht die Rechten eine weitere Chance entdeckt haben ihre ausländerfeindlichen Ressentiments unters Volk zu bringen.



Bild: By Caruo Pinguin [CC BY-NC 2.0], via Flickr