Donnerstag, 25. September 2014

Missbrauch des Islams



Das falsche Bild vom Islam
IS- Terroristen morden und brandschatzen im Namen Allahs. Minderjährige gehen nach Syrien oder in den Irak und sprengen sich für ihren Glauben in die Luft. Die Shariah- Police zieht durch Wuppertals Straßen und erklärt den Menschen wie sie sich zu verhalten haben. Der Islam wird für politische Zwecke missbraucht. Muslime werden zu Terroristen gemacht.

Für Aufsehen erregte Anfang September die Shariah- Police in Wuppertal. Fünf Männer gingen, unter der Führung des bei der Polizei bekannten Salafisten und Hasspredigers Sven Lau, auf Bekehrungsmission. Die selbsternannten Glaubens- Polizisten, die bei ihrer Aktion Warnwesten mit der Aufschrift Shariah- Police trugen, versuchten ihre muslimischen Brüder und Schwestern von Alkohol und Glücksspiel abzuhalten. Das klingt erst einmal nicht verkehrt. Dass gegen Sven Lau allerdings bereits zweimal Anklage wegen Terrorismusverdacht und Rekrutierung von Personen für den Krieg in Syrien erhoben worden ist, wissen viele vermutlich nicht.

Bei der Aktion in Wuppertal hätte es gereicht sich auf das Grundgesetz zu berufen und die fünf Männer angemessen in die Schranken zu weisen. Das Gewaltmonopol liegt beim Staat und nicht bei fünf Halbstarken, die mit Warnwesten durch die Straßen ziehen. Stattdessen wird die gesamte Aktion medial überhöht und bringt ihnen die Aufmerksamkeit, die sie sich erhofft hatten. Dem FOCUS sagte Sven Lau: „Wenn sich sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel dazu äußert, war das eine gelungene Aktion“.

Die Bundesregierung hat den IS als terroristische Vereinigung in Deutschland verboten und somit auch deren Symbole wie die Schwarze Flagge mit der weißen Aufschrift. Und danach? Rechtsextreme Symbole sind auch verboten. Das hindert aber Rechtsextreme nicht dabei ihrer Ideologie nachzugehen und Ersatzsymbole zu benutzen wie die Schwarze Sonne. Bei der IS wird es nicht anders sein. Die Regierung macht es sich an dieser Stelle zu einfach und sollte das Übel eigentlich bei der Wurzel packen. Viele Jugendliche und junge Erwachsene aus Deutschland haben sich dazu überreden lassen sich dem IS anzuschließen. In vielen Fällen sind es junge Menschen, die am Rand der Gesellschaft leben, meistens über ein niedriges Bildungsniveau verfügen und sich oft nicht verstanden fühlen. Man muss diese jungen Menschen auffangen, bevor sie radikalisiert werden.

Eine Person, die das versucht, ist die Islam- Religionslehrerin und Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor. In der Politik- Talkshow Hart aber Fair sagte sie, sie könne bei Bekehrungsversuchen intellektuell drüber stehen. Aber was sei mit jungen Menschen, die das nicht können? Sie kritisiert die in Deutschland bestehende Haltung, die zwischen Deutschen und Muslimen unterscheidet und Muslime nicht als deutsche Staatsbürger ansieht. Für junge Muslime, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, oder deren Familien bereits seit mehreren Generationen in Deutschland leben, ist das ein Grund sich diskriminiert zu fühlen.
In einem Gespräch mit dem Stern erzählt Frau Kaddor, dass sie zu Beginn ihrer Berufskarriere von einer Lehrerin der Klasse so vorgestellt worden sei: „Und jetzt achtet mal darauf, wie gut die Frau Kaddor Deutsch spricht.“ Was hatte die Lehrerin denn für Deutschkenntnisse von Frau Kaddor erwartet, wenn diese ihren Master an der Universität Münster absolviert hat und Lehraufträge an den Universitäten Bielefeld und Duisburg- Essen inne hat? Vorurteile über ausländische Mitbürger, vor allem über muslimische Mitbürger, sind in unserer Gesellschaft weiterhin vorhanden und gerade Jugendliche kommen damit öfters nicht zurecht.

Das wird auch solange weitergehen, wie Tobias bei gleichen Voraussetzungen den Job bekommt, weil er Tobias heißt und Emre den Job nicht bekommt, weil er Emre heißt. Solange es sich in den Köpfen der deutschen Gesellschaft weiterhin ausschließt, dass man Muslim und gleichzeitig Deutscher sein kann, wird es immer wieder Personen geben, die sich diskriminiert fühlen und im Radikalismus ein Auffangbecken finden. Wenn sie für den IS im Irak oder in Syrien kämpfen dann haben sie Macht. Sie sind jemand, den man respektiert. Und wer an das Paradies mit seinen 72 Jungfrauen glaubt, der hat in der Realität auch nichts zu verlieren.

Britische Muslime wehren sich nun in den sozialen Medien gegen den Missbrauch des Islams und verteidigen unter dem Hashtag #NotInMyName ihre Religion gegen den IS. Denn genauso wenig wie jeder Christ ein Kreuzfahrer ist der Jerusalem erobern will, ist nicht jeder Muslim ein Terrorist. Jedes Religions-Extrem ist gefährlich, das gilt nicht nur für den Islam.


Am Montagabend sendete die ARD einen Beitrag über den IS und die Flüchtlinge, die vor dem Terror fliehen. In dem Beitrag sah man einen syrischen Flüchtling, der an der türkischen Grenze auf seinen Einlass wartete. Dem ARD- Reporter erzählte er von Hinrichtungen durch die IS und was das für Muslime sein sollen. Die Frage müsste eher heißen: Was sind das für Menschen?




Bild:By Chris Brown [CC BY-SA 2.0], via Flickr

Montag, 15. September 2014

Zwei Parteien auf dem absteigenden Ast



Neben der FDP ringt auch Horst Seehofers CSU
 um ihre Bedeutung
CSU und FDP kämpfen um ihre Bedeutung im deutschen Parteiensystem. Die FDP befindet sich weiterhin im Sinkflug und der Boden ist fast in Sicht. Man könnte meinen, sie hat sich bereits mit dem Abgang von der politischen Bühne abgefunden. Der neue junge FDP- Chef Christian Lindner sollte nach der verloren Bundestagswahl 2013 noch einmal das Ruder rumreißen, bevor die FDP endgültig Schiffbruch erleidet. „Die Durststrecke ist noch nicht zu Ende“, sagte Lindner gestern in Berlin. Kann es denn noch schlimmer kommen?

Auch die CSU kämpft aufgrund interner Affären und schwacher Ministerleistungen um ihr politisches Ansehen. Bayerns Staatskanzlei- Chefin und CSU- Politikerin Christine Haderthauer musste nach ihrer Modellauto- Affäre zurücktreten, bei der sie psychisch kranke Häftlinge Modell- Autos bauen ließ und damit auch noch Kohle machte. Und dann gibt es ja noch Alexander Dobrindt und seine Maut- Fantasien. Die PKW- Maut, bei der nur die ausländischen Autofahrer zur Kasse gebeten werden sollen, erregt nicht nur die Gemüter der anderen Politiker, sondern nun auch die der CSU selbst. In einer Sondersitzung der CSU- Landesgruppe im Bundestag äußerten laut Spiegel mehrere CSU- Politiker Kritik an Dobrindts Maut- Entwurf und verlangten Änderungen. Unter anderem soll die Maut auf Autobahnen beschränkt werden.

Auch CSU- Chef Horst Seehofer ist offen für Veränderungen und sagte heute dem Fokus: „Dobrindt hat ein sehr gutes Konzept vorgelegt, aber wir sind natürlich offen für andere Vorschläge, wenn sie besser sind.“ Das ist nett ausgedrückt für: „Dobrindts Konzept geht in die richtige Richtung, aber wir hoffen natürlich, dass da noch etwas Besseres kommt.“

Die Maut- Krise entlädt sich auch in einem unionsinternen Streit, bei dem die CSU nun auch härtere Töne anschlägt. CSU- Chef Horst Seehofer kritisierte öffentlich Finanzminister Schäuble, dieser wolle das Maut- Projekt sabotieren. „Die politische Schonzeit“ sei nun vorbei donnerte er in Richtung CDU. „Wir sind nicht die FDP“, ergänzte er noch. Was nicht ist, kann ja bekanntlich noch werden. Die FDP flog aus dem Bundestag, weil sie ihre Wahlversprechen nicht eingehalten hatte. Die Konsequenz lässt sich nun auch bei den Landtagswahlen erkennen. Das gestrige Ergebnis von 2,5 % in Thüringen und von 1,5 % in Brandenburg ist ein Desaster.


Die CSU hat Angst, dass sie zu einer zweiten FDP verkümmert, die keiner mehr ernst nimmt und die in der Großen Koalition keine politische Relevanz besitzt. Selbstverständlich wird die CSU weiterhin im Weißwurstland gewählt. Dennoch könnte man einige Wähler verärgern oder verlieren, wenn die versprochene Maut nicht kommt. Im Oktober will Alexander Dobrindt seinen Gesetzesentwurf zur PKW- Maut vorlegen. Es wird sich zeigen, ob das Mammutprojekt der CSU durchgesetzt werden kann und die CSU somit auf Bundesebene etwas zu sagen hat, oder ob sie nur das Schoßhündchen der CDU bleibt und ihrer politischen Bedeutsamkeit hinterherhechelt.




Bild: By blu-news.org [CC BY-SA 2.0], via Flickr 

Montag, 8. September 2014

Die Ukraine im Machtgefüge zwischen Ost und West


Ein Ende des Konflikts im Osten der
 Ukraine ist nicht in Sicht
Russland fühlt sich eingeengt, Putin fühlt sich hintergangen, und der Westen ist dabei nicht ganz unschuldig. Die Krise in der Ost- Ukraine entwickelt sich zu einem Konflikt, in dem die Folgen für die Welt verheerend sein könnten. Keine der beiden Seiten ist gewillt klein beizugeben. Der Winter naht und ein Kalter Krieg 2.0 vielleicht auch.


Die Sowjetunion hatte ab dem 21. Dezember 1991 durch die Alma-Ata-Deklaration aufgehört zu existieren. Für manche allerdings nur auf dem Papier. In manchen Köpfen lebte sie weiter. Einer dieser Köpfe gehört Wladimir Putin.

Nachdem die NATO aus dem Kalten Krieg als Sieger hervorgegangen war, hatte man sich bereits 1999 mit Tschechien, Polen und Ungarn die ersten ehemals dem Warschauer Pakt angehörigen Staaten mit ins Boot geholt. (zum Verständnis: Der Warschauer Pakt unter der Führung der Sowjetunion als Konterpart zur NATO unter der Führung der USA). Keine fünf Jahre später verleibte sich die NATO mit Estland, Lettland, Litauen, Bulgarien, Rumänien und der Slowakei gleich die nächsten Ost- Block Länder ein. Albanien folgte 2010.

Zehn Länder die früher einmal unter der Führung der Sowjetunion standen sind nun innerhalb von 10 Jahren dem ehemaligen „Feind“ zugehörig geworden. Ein herber Schlag in das Gesicht von Russland. Und jetzt auch noch die ukrainischen Brüder - niemals würde man das zulassen. Die Nato- Osterweiterung provozierte Russland aufs Äußerste und Wladimir Putin erinnert nur zu gerne an das Versprechen der NATO die Finger von den ehemaligen Ostblock- Ländern zu lassen.

„Was immer im Warschauer Pakt geschieht, eine Ausdehnung des NATO- Territoriums nach Osten, das heißt näher an die Grenzen der Sowjetunion heran, wird es nicht geben. [...] Der Westen muss auch der Einsicht Rechnung tragen, dass der Wandel in Osteuropa und der deutsche Vereinigungsprozess nicht zu einer Beeinträchtigung der sowjetischen Sicherheitsinteressen führen dürfen. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen wird ein hohes Maß an europäischer Staatskunst verlangen.“

Aus der Rede in Tutzing im Jahr 1990 von Hans- Dietrich Genscher,
 damaliger Bundesminister des Auswärtigen Amtes

Von Staatskunst konnte beim Westen nicht die Rede sein, sonst würde es diesen Konflikt in der Ukraine heute vielleicht gar nicht geben. Für jemanden wie Putin, der sich beim Ende der Sowjetunion vermutlich gefühlt hat, wie Paul Kalkbrenners Mutter als die Mauer fiel, ist der Zeitpunkt gekommen Rache zu nehmen. Russland holt sich seine Ländereien zurück - ohne Gewalt wie auf der Krim, mit Gewalt wie im Rest des Landes.

Die aktuellen Krisenherde sind weiterhin die Gebiete um die Städte Donezk, Luhansk und neuerdings auch das Gebiet um die Stadt Mariupol am Schwarzen Meer. Betrachtet man eine Karte vom Südosten der Ukraine, dann kann man feststellen, dass man von russischem Staatsgebiet bis dato nur von Osten her über den Seeweg zur annektierten Krim gelangen kann. Schaut man sich nun die kürzeste Strecke vom russischen Staatsgebiet bis zur Krim über den Landweg an, sieht man, dass man genau durch das Gebiet gelangt, in dem jetzt auch gekämpft wird. Ist das ein Zufall?

Russische Kriegsgefangene sind in der Gewalt der Ukrainischen Armee, prorussische Separatisten benutzen russische Waffen und Listen mit etlichen toten russischen Soldaten tauchen auf. Bis heute bestreitet Putin, dass Russland sich in irgendeiner Weise in den Ukraine Konflikt einmischt. Die Aussage vom Verteidigungsministerium in Moskau, die Fallschirmjäger, die in der Ukraine gelandet waren hätten sich verlaufen, ist die Spitze der völligen Lächerlichkeit. Vor dem eigenen Volk ist es natürlich besser sich in einer weißen Weste zu zeigen. Andererseits, was soll das Propaganda manipulierte Volk sonst glauben und wer würde Putin denn widersprechen, wenn er nicht dem Gefängnis ein Besuch abstatten möchte?

Der Westen ist lange mit Scheuklappen durch die Welt gelaufen und hat Putin und seine Machtansprüche, die bestimmt nicht erst vor kurzem entstanden sind, deutlich unterschätzt. Nun versucht der Westen durch Sanktionen und höhere Militärausgaben den Konflikt im Osten der Ukraine zu lösen. US- Präsident Obama pochte bereits darauf, dass die anderen NATO- Staaten ihren Rüstungsetat erhöhen sollen. Der Startschuss für einen Rüstungswettlauf wie im Kalten Krieg. Oder sind die USA es Leid immer alleine die Welt retten zu müssen?

Auch Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen verkündete gestern den Rüstungsetat erhöhen zu wollen. Und wo streicht man das Geld? In der Sanierung der Straßen? In der Schulbildung? Gegen den Koalitionsvertrag handeln und doch Steuern erhöhen?

Andere NATO- Staaten wie Frankreich, Italien, Polen oder Norwegen gehen sogar so weit und wollen der ukrainischen Regierung sofort Waffen liefern. Wie bereits vor wenigen Wochen in einem Beitrag erwähnt geraten Waffen meistens in die falschen Hände. Wird das in der Ukraine anders sein? Zumindest kann man sich als Waffenlieferant entspannt aus der Verantwortung ziehen. Waffen liefern und in Kauf nehmen, dass sie von der gegnerischen Seite erbeutet werden können, ist für das Image immer noch besser als Soldaten zu entsenden und das Leben der Eigenen aufs Spiel zu setzen.





Bild: By Sasha Maksymenko [CC BY-NC 2.0], via Flickr