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Das falsche Bild vom Islam |
IS- Terroristen morden und brandschatzen im Namen Allahs. Minderjährige
gehen nach Syrien oder in den Irak und sprengen sich für ihren Glauben in die
Luft. Die Shariah- Police zieht durch Wuppertals Straßen und erklärt den
Menschen wie sie sich zu verhalten haben. Der Islam wird für politische Zwecke
missbraucht. Muslime werden zu Terroristen gemacht.
Für Aufsehen erregte Anfang September die Shariah- Police in Wuppertal.
Fünf Männer gingen, unter der Führung des bei der Polizei bekannten Salafisten
und Hasspredigers Sven Lau, auf Bekehrungsmission. Die selbsternannten
Glaubens- Polizisten, die bei ihrer Aktion Warnwesten mit der Aufschrift
Shariah- Police trugen, versuchten ihre muslimischen Brüder und Schwestern von
Alkohol und Glücksspiel abzuhalten. Das klingt erst einmal nicht verkehrt.
Dass gegen Sven Lau allerdings bereits zweimal Anklage wegen
Terrorismusverdacht und Rekrutierung von Personen für den Krieg in Syrien erhoben
worden ist, wissen viele vermutlich nicht.
Bei der Aktion in Wuppertal hätte es gereicht sich auf das Grundgesetz zu
berufen und die fünf Männer angemessen in die Schranken zu weisen. Das
Gewaltmonopol liegt beim Staat und nicht bei fünf Halbstarken, die mit
Warnwesten durch die Straßen ziehen. Stattdessen wird die gesamte Aktion medial
überhöht und bringt ihnen die Aufmerksamkeit, die sie sich erhofft hatten. Dem
FOCUS sagte Sven Lau: „Wenn sich sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel dazu
äußert, war das eine gelungene Aktion“.
Die Bundesregierung hat den IS als terroristische Vereinigung in
Deutschland verboten und somit auch deren Symbole wie die Schwarze Flagge mit
der weißen Aufschrift. Und danach? Rechtsextreme Symbole sind auch verboten.
Das hindert aber Rechtsextreme nicht dabei ihrer Ideologie nachzugehen und
Ersatzsymbole zu benutzen wie die Schwarze Sonne. Bei der IS wird es nicht
anders sein. Die Regierung macht es sich an dieser Stelle zu einfach und sollte das Übel
eigentlich bei der Wurzel packen. Viele Jugendliche und junge Erwachsene aus
Deutschland haben sich dazu überreden lassen sich dem IS anzuschließen. In
vielen Fällen sind es junge Menschen, die am Rand der Gesellschaft leben,
meistens über ein niedriges Bildungsniveau verfügen und sich oft nicht
verstanden fühlen. Man muss diese jungen Menschen auffangen, bevor sie
radikalisiert werden.
Eine Person, die das versucht, ist die Islam- Religionslehrerin und
Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor. In der Politik- Talkshow Hart aber Fair sagte sie,
sie könne bei Bekehrungsversuchen intellektuell drüber stehen. Aber was sei mit
jungen Menschen, die das nicht können? Sie kritisiert die in Deutschland
bestehende Haltung, die zwischen Deutschen und Muslimen unterscheidet und Muslime
nicht als deutsche Staatsbürger ansieht. Für junge Muslime, die in Deutschland
geboren und aufgewachsen sind, oder deren Familien bereits seit mehreren
Generationen in Deutschland leben, ist das ein Grund sich diskriminiert zu
fühlen.
In einem Gespräch mit dem Stern erzählt Frau Kaddor, dass sie zu Beginn
ihrer Berufskarriere von einer Lehrerin der Klasse so vorgestellt worden sei:
„Und jetzt achtet mal darauf, wie gut die Frau Kaddor Deutsch spricht.“ Was
hatte die Lehrerin denn für Deutschkenntnisse von Frau Kaddor erwartet, wenn
diese ihren Master an der Universität Münster absolviert hat und Lehraufträge
an den Universitäten Bielefeld und Duisburg- Essen inne hat? Vorurteile über
ausländische Mitbürger, vor allem über muslimische Mitbürger, sind in unserer
Gesellschaft weiterhin vorhanden und gerade Jugendliche kommen damit öfters nicht
zurecht.
Das wird auch solange weitergehen, wie Tobias bei gleichen Voraussetzungen
den Job bekommt, weil er Tobias heißt und Emre den Job nicht bekommt, weil er
Emre heißt. Solange es sich in den Köpfen der deutschen Gesellschaft weiterhin
ausschließt, dass man Muslim und gleichzeitig Deutscher sein kann, wird es
immer wieder Personen geben, die sich diskriminiert fühlen und im Radikalismus
ein Auffangbecken finden. Wenn sie für den IS im Irak oder in Syrien kämpfen
dann haben sie Macht. Sie sind jemand, den man respektiert. Und wer an das
Paradies mit seinen 72 Jungfrauen glaubt, der hat in der Realität auch nichts
zu verlieren.
Britische Muslime wehren sich nun in den sozialen Medien gegen den
Missbrauch des Islams und verteidigen unter dem Hashtag #NotInMyName ihre
Religion gegen den IS. Denn genauso wenig wie jeder Christ ein
Kreuzfahrer ist der Jerusalem erobern will, ist nicht jeder Muslim ein
Terrorist. Jedes Religions-Extrem ist gefährlich, das gilt nicht nur für den
Islam.
Am Montagabend sendete die ARD einen Beitrag über den IS und die
Flüchtlinge, die vor dem Terror fliehen. In dem Beitrag sah man einen syrischen
Flüchtling, der an der türkischen Grenze auf seinen Einlass wartete. Dem ARD-
Reporter erzählte er von Hinrichtungen durch die IS und was das für Muslime
sein sollen. Die Frage müsste eher heißen: Was sind das für Menschen?
Bild:By Chris Brown [CC BY-SA 2.0], via Flickr