Montag, 17. November 2014

Mehr Waffen sind besser als weniger


USA: Früh übt sich an der Waffe
Die Vereinigten Staaten von Amerika – das Land der unbegrenzten Möglichkeiten und der unbegrenzten Anzahl an Knarren. Das Recht auf Waffenbesitz ist den Amerikanern so heilig wie das Amen in der Kirche. Nicht umsonst steht es in den Zusatzartikeln der amerikanischen Verfassung seit 1791 bereits an zweiter Stelle, direkt nach Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit und Trennung von Staat und Kirche. 

So stark wie sich die USA nach außen hin geben, so schwach sind sie manchmal nach innen. Es vergeht kein Jahr in dem nicht irgendwo in den USA ein Amoklauf an einer Schule stattfindet. Die Lehrer sind für den Ernstfall vorbereitet, doch oft werden die ersten Schüsse des Amokläufers nicht als solcher identifiziert. Bevor man reagieren kann, ist es schon zu spät. Bis die Polizei alarmiert und vor Ort ist, vergehen wichtige Minuten, die weitere Opfer kosten können.

Ein Früherkennungssystem des US- Militärs soll helfen. Die Firma Shooter Detection Systems aus Massachusetts entwickelte zusammen mit dem Verteidigungsministerium das sogenannte „Guardian Indoor Gunshot Detection System“. In jedem Flur und Zimmer des Schulgebäudes werden Geräte mit einem Sensor angebracht. Das System erkennt sofort einen Schuss aus einer Waffe und sendet innerhalb einer Sekunde einen Alarmruf an das Schulpersonal und an die nächste Polizeibehörde. Am Monitor können die Lehrer und die Polizei sehen von wo der Schuss abgefeuert wurde und dementsprechend handeln. Das bereits im Irak und Afghanistan zum Einsatz gekommene System kann jetzt auch im normalen Handel erworben werden.

Ist das die Wunderwaffe, um Amokläufe in Schulen künftig zu stoppen? Oder ist es nur eine teure Anschaffung, die Sicherheitsfirmen weiteres Geld beschert? Private Sicherheitsdienste boomen in den USA. Laut Stern hat sich die Anzahl der Mitarbeiter von privaten Sicherheitsfirmen in den letzten zehn Jahren um 20 Prozent auf 680 000 erhöht.

Das eigentliche Problem sind jedoch die schwachen Waffengesetze der USA. Wenn man bei Walmart Waffen kaufen kann, dann braucht man sich auch nicht wundern, wenn nicht jeder Käufer sich nur damit verteidigen will, sondern auch töten. Eine Woche nach dem Amoklauf in Newtown warb die größte US- Waffenlobby, die National Rifle Association, für eine stärkere Präsenz von Waffen in den Schulen. NRA- Vizechef Wayne LaPierre sagte damals auf einer Pressekonferenz: „Der einzige Weg, einen schlechten Typen mit einer Kanone zu stoppen, ist ein guter Typ mit einer Kanone.“

Nach Logik von schießwütigen Amerikanern bedeutet das: Je mehr Amokläufe stattfinden, desto mehr Waffen benötigt man, um diese zu stoppen.
Nach Logik der Allgemeinheit bedeutet das: Je mehr Waffen vorhanden sind, desto mehr Amokläufe gibt es. Ein tödlicher Kreislauf, von dem die Rüstungsindustrie in den USA prächtig profitiert.

 Anzahl der jährlich hergestellten Schusswaffen in den USA:



Pistolen
2 589 133
3 487 883
4 440 853
Revolver
   572 857
   667 357
   725 282
Gewehre
2 318 088
3 168 206
3 608 383
  


Es ist nicht so, dass es keine Vorschläge geben würde, Waffengesetze zu ändern, allerdings weist der Kongress diese jedes Mal ab. Nach dem Amoklauf 2012 in Newtown mit 28 Toten verlangte Obama das Verbot von Sturmgewehren – abgelehnt. Nach den Anschlägen von Boston im Jahr 2013 forderte Obama eine strengere Überprüfung von Waffenkäufern – abgelehnt.

Gesetzesänderungen funktionieren in den USA über den Kongress, der aus zwei Teilen besteht – dem Senat und dem Repräsentantenhaus. Mit dem Sieg der Republikaner bei den letzten Kongresswahlen vor zwei Wochen stellen sie nun in beiden Kammern die Mehrheit. Die Möglichkeiten etwas an den Waffengesetzen zu ändern schwinden dahin. In Obamas letzten beiden Amtsjahren wird er sich eher um die beiden großen Themen Einwanderungsreform und Außenpolitik kümmern.

2016 finden die nächsten Präsidentschaftswahlen statt. Nach wie vor gilt die Demokratin Hillary Clinton als Favoritin. Der Wahlkampf hat bereits begonnen. Mit der Schlappe der Demokraten bei den Kongresswahlen, steigen die Chancen für die Republikaner wieder und lassen eine Verschärfung der Waffengesetze weiterhin utopisch wirken. Und falls das Früherkennungssystem sein Ziel verfehlt, produziert man eben mehr Waffen. Irgendwann ergibt diese Logik bestimmt Sinn.




Bild: By DVIDSHUB [CC BY 2.0], via Flickr

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