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Politiktalkshows – Erkenntnisgewinne versus leere Diskussionen |
Warum sitzen eigentlich immer dieselben Menschen in
den Politiktalkshows? Und warum tolerieren manche Moderatoren die vom
Mainstream abweichenden Meinungen ihrer Gäste nicht? Und warum ist man meistens
hinterher nicht viel schlauer als vorher?
Es gibt gute Redner und schlechte Redner. Der eine
ist fernsehgeeignet, der andere macht nicht einmal vor einer Fotokamera eine
gute Figur. In Politik-Talkshows kommt es einem so vor, als säßen dort
Personen, die eher wegen ihres Fernsehauftretens eingeladen werden, statt ihres
Hintergrundwissens zu der entsprechenden Thematik.
In gefühlt jeder zweiten Sendung sitzen Politiker
wie Jürgen Trittin, Oskar Lafontaine oder Cem Özdemir, die mehr durch
Wahlkampfparolen auffallen, als konstruktive Äußerungen zum Thema der
Politiksendung liefern. Politiker haben in Talkshows die Chance, sich
ausführlicher über gewisse Themen zu äußern, als die 10 Sekunden in der
Tagessschau. Diese Zeit will genutzt werden. Applaus muss generiert werden.
Hier werden Wählerstimmen gesammelt!
Da wird von Cem Özdemir beim Thema Islamisten in
Deutschland auch mal gegen CDU-Politiker Thomas de Maizière gegrätscht und das
Verhältnis der Großen Koalition zur Saudi-arabischen Regierung kritisiert. Ob
alle Aussagen dabei stimmen ist nicht wichtig. Auch wenn ein Terrorismusexperte
aus der Talkrunde Özdemirs Aussagen revidiert. Der Grünen-Politiker hat seinen
Stich gelandet und die politischen Gegner „bloß“ gestellt. Dabei sollte er als
Grünen-Politiker doch gerade die CDU, als einzigen Koalitionspartner für die
Bundestagswahl 2017, mit dem man auch mal wieder mitregieren dürfte, nicht zwei
Jahre zuvor schon vergraulen.
Im Gegensatz dazu hat man als Mitglied der
Links-Partei von vornherein einen schlechten Start. Das beste Beispiel war der
Besuch von der Linken-Politikerin Sarah Wagenknecht in der Sendung von Markus
Lanz im Januar 2014. „Haben sie Angst vor
der AFD? Was für ein Europa wollen Sie? Wollen Sie den Euro? Im Ernst. Das doch
eine Floskel. Ernsthaft. Das sagen alle. Für oder gegen Europa? Kommen Sie. Für
oder gegen Europa?? Für oder gegen Europa???“. Lanz stellte ihr Fragen,
ohne die Antwort hören zu wollen. Und wenn, dann hielt er die Aussagen für
populistisch und frech. Tapfer von ihr, dass sie in der Sendung geblieben ist.
Gibt man sich in Talkshows als russland-freundlich,
ist man direkt unten durch. Vor zwei Wochen wollte die ehemalige
ARD-Moskau-Korrespondentin Gabriele Krone-Schmalz sogar die Sendung von Sandra
Maischberger verlassen, als sie von allen Seiten der Gesprächsrunde zu ihrer Haltung
gegenüber Russland kritisiert wurde. Wo bleibt hier die journalistische Neutralität der
Moderatoren?
„Putins Russland – auf dem Weg zur Diktatur?“
fragte Günther Jauch am Sonntag Abend in seiner Politiktalkshow. Wie
lebensgefährlich ist es für Oppositionelle nach dem Mord am Politiker Boris
Nemzow? Die Sendung fängt direkt
unpassend an. Im Einspieler zu Boris Nemzow erfährt man, dass dieser vier
Kinder von drei Frauen hat. Die Aussage hätte auch in der Klatsch-Zeitschrift Die Bunte stehen können. Auch die Frage,
ob Reingoldowitsch Koch, früher Vize-Ministerpräsident Russlands, sich sein
Portemonnaie durch Korruptionsgelder gefüllt hat, führte vom Thema weg und
wirkte irgendwie deplatziert.
Auch bei Jauch ist die Welt nicht grau, sondern
schwarz-weiß. Der Titel der Sendung hätte auch „Putin böse: ja/nein“ heißen
können. Der einzige konstruktive Vorschlag kam von Matthias Platzeck,
Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums, der sich für eine Visa-Freiheit für
Russen einsetzte. Völkerverständigung durch Reisen, statt Isolierung durch
Reisebehinderung.
Danach wurde die Diskussion nicht wesentlich
produktiver. Jauch beendete die Sendung mit der Aussage, dass verschiedene
Seiten denselben Sachverhalt völlig unterschiedlich beurteilen würden. Und was
ist daran neu? Hinterher ist man eben doch nicht immer schlauer.
Bild: By IFRC [BY-NC-ND 2.0], via Flickr
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